Interview mit Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH Köln), zu den Ergebnissen der Studie „Handel ist Wandel“
Herr Dr. Hudetz, worum geht es in der Studie?
Die Digitalisierung und der stark wachsende Online-Handel stellen den traditionellen Handel derzeit völlig auf den Kopf. Der Online-Anteil am Einzelhandel beträgt nach Jahren hohen Wachstums spartenübergreifend 11 Prozent. Im stationären Einzelhandel ist Wachstum dagegen selten – diese Vertriebsschiene ist also gefordert, Antworten auf die Herausforderung des E-Commerce zu finden. Wir haben untersucht, welche Rolle Verpackungen bei der künftigen Entwicklung des Handels spielen. Es wurden 500 Konsumenten und einige Handelsexperten befragt, um zu erfahren, wie sich die Anforderungen an Verpackungen im Handel ändern werden.
Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse?
Der stationäre Einzelhandel steht unter dem Druck, für seine Kunden zusätzlichen Mehrwert zu schaffen. Verpackungen sind ein wichtiger Baustein für entsprechende Konzepte, zum Beispiel um eine digitale Verknüpfung der Waren in den Regalen mit zusätzlichen Informationsangeboten im Internet herzustellen. Dafür eignen sich Verpackungen aus leicht bedruckbaren Materialien wie Karton und Wellpappe sehr gut. Dasselbe gilt für Aufsteller, Displays und Zweitplatzierungen, die auch fast immer aus Wellpappe sind. Unsere Befragung zeigt: Die kreative Ladengestaltung mit solchen Mitteln ist ein wesentlicher Beitrag für ein gelungenes Shoppingerlebnis der Verbraucher. Drei Viertel der Befragten sagen, dass ein solcher Erlebnis-Einkauf positive Gefühle in ihnen auslöst, 70 Prozent bleiben dann gerne etwas länger im Laden. So bindet man auch in Zukunft Kunden.
Convenience gilt derzeit als einer der Konsum-Megatrends. Was haben Sie dazu herausgefunden?
Es stimmt, Einkäufe müssen heute so einfach, schnell und bequem wie möglich funktionieren. Für jeweils neun von zehn Befragten gehört es zu einem bequemen Einkauf, dass sie sich gut im Geschäft zurechtfinden und problemlos das gesuchte Produkt finden. Für den Einzelhändler heißt das: Sortiment und Produktinformationen müssen durch eine übersichtliche Ladengestaltung schnell erfassbar sein. Dazu tragen Shelf-Ready-Verpackungen aus Wellpappe bei, da sie Produktkategorien und Marken optisch voneinander trennen und klar erkennbar machen.
Wie wichtig sind Umweltthemen?
Ökologische Fragen dominieren inzwischen die Einstellung zum Konsum – und sie werden immer wichtiger. 93 Prozent der Befragten geben an, dass ihnen Nachhaltigkeit „persönlich wichtig“ ist, bei der Bequemlichkeit gilt das für 69 Prozent und beim Einkaufserlebnis immerhin noch für 45 Prozent. Diese Angaben werden bestätigt beim Blick auf Verpackungen – dem entscheidenden Umweltthema für den Handel. Gefragt, welche Eigenschaften von Verpackungen zukünftig an Bedeutung gewinnen werden, nannten jeweils neun von zehn Befragten Recyclingfähigkeit, Vermeidung von Plastikmüll sowie umweltverträgliche Materialien.
Welche Rolle spielt dabei die aktuelle Diskussion um Plastikmüll?
Das kann man auf eine einfache Formel bringen: Plastik ist out, Pappe ist in. Die Konsumenten wünschen sich eine Reduzierung von Kunststoffverpackungen zugunsten von Pappe. So sind etwa 90 Prozent daran interessiert, in einem plastikfreien Supermarkt einzukaufen, ihre Einkäufe nicht in Plastik nach Hause zu tragen und kompostierbare Verpackungen zu nutzen. 93 Prozent wünschen sich, dass Plastikverpackungen mehr und mehr durch Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen ersetzt werden. Dabei nehmen Konsumenten Verpackungen aus Pappe als besonders natürlich und nachhaltig wahr.
Wie hat sich diese Haltung der Konsumenten entwickelt?
Der Wunsch nach weniger Plastik und mehr Pappe hat sich im Vergleich zu einer Befragung im Jahr 2016 verstärkt. Beispielsweise finden es heute 90 Prozent der Konsumenten gut, wenn Händler Produkte in alternativen Verpackungsmaterialien zur Auswahl anbieten – zwölf Prozentpunkte mehr als vor drei Jahren. Etwa ebenso viele wünschen sich mehr Produkte ohne Plastikverpackungen, vor drei Jahren waren es noch sieben Prozentpunkte weniger. Und 89 Prozent bevorzugen im allgemeinen recycelbare Produktverpackungen, das sind sechs Prozentpunkte mehr als 2016.
Welches Fazit ziehen Sie aus den Untersuchungsergebnissen?
Von den aktuellen Entwicklungen im Handel wird das Thema Nachhaltigkeit die Ansprüche an Verpackungen am meisten verändern. Darauf müssen sich verpackende Unternehmen und Einzelhändler einstellen. Viele reagieren bereits, indem sie alternative Verpackungslösungen aus nachwachsenden Rohstoffen an Stelle von Plastikverpackungen anbieten. Damit sind sie auf dem richtigen Weg: Wellpappe wird nicht nur vom Handel, sondern auch vom Konsumenten als zukunftsfähiges Material eingestuft.
Grafiken zur Studie und ein Foto von Dr. Kai Hudetz finden Sie in auf der VDW-Website.