13.08.2018

Downloads

Teilen

Nachwachsend statt fossil – Wege aus dem Plastik-Dilemma

Jeder kennt die Bilder: Riesige Teppiche aus Plastikverpackungen, die auf den Weltmeeren treiben. Auch an so abgelegenen Orten wie den Galapagos-Inseln oder an den Polarkappen bedrohen diese Konsumreste wertvolle Ökosysteme. Als Hauptverursacher gelten asiatische Anrainerstaaten der Ozeane, die sich in den vergangenen Jahrzehnten zu Industrieländern westlicher Prägung entwickelt haben, allerdings ohne gleichzeitig funktionierende Recyclingstrukturen aufgebaut zu haben.

Unzureichendes Kunststoff-Recycling

Doch den Schwarzen Peter können westliche Gesellschaften wie Deutschland nicht allein anderen zuschieben. Zwar gilt das deutsche System der Abfalltrennung und des Recyclings im internationalen Maßstab als vorbildlich. Wenn es um Kunststoffe geht, sieht die Realität allerdings weniger erfreulich aus. Wie viel gebrauchte Plastikverpackungen tatsächlich wieder zu neuen Produkten werden, darüber gibt es nur vage Schätzungen. So lässt sich Peter Kurth, der Verbandsvorsitzende der Deutschen Entsorgungswirtschaft, in einem SPIEGEL-Beitrag zitieren: „Ich schätze, dass jetzt 65 bis 70 Prozent unseres Altplastiks als Ersatzbrennstoff, beispielsweise in der Zementindustrie, verwendet oder anderweitig thermisch verwertet werden.“ Als Grund für die niedrige Recyclingquote wird von Experten der hohe Aufwand der Sortierung unterschiedlicher Kunststoffarten und der stofflichen Trennung von Materialverbünden genannt.

Anlässlich des Weltumwelttages am 5. Juni hat die UNO vor einer weltweiten Plastikmüllkrise gewarnt. Nur etwa neun Prozent der neun Milliarden Tonnen Plastik, die bisher weltweit hergestellt worden sind, seien bislang wiederverwertet worden. Zwölf Prozent wurden verbrannt. Der überwiegende Teil lagert auf Deponien oder in der Umwelt – und zwar sehr lange, bevor das Material sich zersetzt hat: Das dauert von zehn Jahren bei Plastikbeuteln bis zu 500 Jahren bei einer PET-Flasche.

 

Klimawandel ist Umweltproblem Nummer eins

Doch auch wenn Joghurtbecher, Chipstüten und Obstschalen nicht in der Natur, sondern in der Verbrennungsanlage landen, hinterlassen sie ein ökologisches Problem: in diesem Fall in Form des umweltschädlichen Klimagases Kohlendioxid. Das Verbrennen von Produkten aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl ist die wichtigste Ursache für die Öko-Herausforderung Nummer Eins: den Klimawandel.

Was tun? Öko-Wissenschaftler wie Michael Braungart fordern eine komplette Neuausrichtung unserer Art zu produzieren und zu konsumieren. Die Rede ist vom „Cradle-to-Cradle“-Prinzip, wonach bei Entwicklung und Herstellung aller Produkte das Recycling bereits zwingend eingeplant ist. „Abfall“ nach der heutigen Definition soll es danach nicht mehr geben, nur noch Wertstoff. Bis es so weit ist, werden noch viele technische, wirtschaftliche und politische Fragen zu klären sein.

Die Politik setzt einstweilen auf Schadensbegrenzung – der Schwerpunkt liegt auf Plastikanwendungen, die als überflüssig oder leicht ersetzbar gelten: Unter anderem will die EU-Kommission Verbote von Strohhalmen und Einweggeschirr aus Kunststoff in Europa vorschreiben. Deutsche Politiker haben eine Plastiksteuer ins Gespräch gebracht.

 

Papierbasierte Verpackungen als Modell

Orientierung für einen möglichen Ausweg aus dem Plastik-Dilemma bieten Verpackungsmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen, die möglichst vollständig recycelt werden. Dazu zählen viele Papier- und Kartonverpackungen und insbesondere Verpackungen aus Wellpappe. Es gibt fast keine Wellpappenverpackungen, die unkontrolliert in der Natur landen. Und wenn doch, verursachen sie kein Problem, weil sie aus natürlichen Materialien bestehen und hundertprozentig biologisch abbaubar sind. Ihre Klimabilanz ist im Vergleich zu Kunststoff deutlich besser, denn das in holzbasierten Produkten gespeicherte CO2 verbleibt auch nach mehreren Recyclingdurchgängen in der Papierfaser.

Mit der Häufung negativer Meldungen über Plastikabfälle hat das Interesse an den ökologischen Vorteilen der papierbasierten Verpackungen spürbar zugenommen. Vorreiter sind Handelsunternehmen, die sich mit einem nachhaltigen Image gegenüber Verbrauchern profilieren wollen. So bekommt man heute praktisch an keiner Kasse mehr ungefragt einen Tragebeutel aus Kunststoff angeboten. Statt Plastiktüten stehen Kartons aus Wellpappe bereit, um den Einkauf nach Hause zu transportieren. Neben REWE, Edeka und ALDI hat jetzt auch die Schwarz-Gruppe, zu der LIDL und Kaufland gehören, ihre Anti-Plastik Strategie veröffentlicht: Bis zum Jahr 2025 soll der Plastik-Anteil bei Verpackungen um 25 Prozent sinken. Unter anderem werden Folienbeutel für Bananen durch Papp-Banderolen ersetzt.

 

Nachhaltige Rohstoffe – umweltverträgliche Produktion

Bei Verpackungen aus Wellpappe können sich Verwender sicher sein, auf eine nachhaltige Lösung zu setzen. Auf der Basis des bestehenden Stoffkreislaufs arbeiten die Unternehmen an immer weiteren Verbesserungen im Produktionsprozess und an der ökologischen Qualität. Das beginnt mit dem Rohstoff Holz, der in nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen wird – häufig auch FSC-zertifiziert.

 

Die mit der Papierherstellung verbundenen Umweltauswirkungen konnten die Unternehmen in den letzten Jahren deutlich reduzieren. Nach Zahlen des Europäischen Verbands der Papierhersteller hat sich der Kohlendioxid-Ausstoß bei der Papierherstellung seit 1990 um 43 Prozent pro Tonne verringert. Neun von zehn europäischen Papier- und Zellstoffherstellern arbeiten mit höchst wirksamer Kraft-Wärme-Kopplung, um ihre Energieversorgung sicherzustellen.

Auch in der Weiterverarbeitung des Papiers zu Wellpappe hat ökologische Effizienz hohe Priorität. Beispielsweise nutzen die Unternehmen den bei der Verpackungsherstellung anfallenden Verschnitt vollständig als Sekundärrohstoff für die Herstellung von Recyclingpapier. Bei den Wellpappenverpackungen schließlich kommt immer weniger Material bei gleichbleibend hoher Schutzwirkung zum Einsatz. Dafür sorgen neuentwickelte Papiersorten und innovative Verpackungskonstruktionen. Wichtig für das problemlose Recyceln ist auch, dass Wellpappenverpackungen überwiegend als Einstoff-Lösung angeboten werden und zum Beispiel auch schützende Innenpolster aus demselben Material sind.

 

In Zukunft mehr Wellpappe

Mehr Wellpappe statt Plastik, wie es etwa auch die internationale Nachhaltigkeitsmanagerin der METRO, Veronika Pountcheva, bei einer Veranstaltung des Forum Ökologisch Verpacken (FÖV) auf der letztjährigen Lebensmittelmesse Anuga gefordert hat, kann eine aussichtsreiche Strategie zur Lösung der aktuellen Umweltprobleme sein. Ein vollständiger Abschied vom Plastik ist illusorisch. Aber mehr auf nachwachsende Rohstoffe setzen und wirklich funktionierende Stoffkreisläufe wie den der Wellpappe nutzen – damit verbinden sich für Industrie, Handel und Verbraucher realistische Zukunftsperspektiven.

Kontakt